Produktionsstopp bei den Nutzfahrzeugherstellern
In der Nutzfahrzeugbranche gibt es erste Anzeichen der «Corona-Rezession»: Während die Verkaufszahlen bei den Händlern eingebrochen sind, haben die Hersteller diverse Produktionsstandorte stillgelegt – vorerst wegen Problemen mit den Lieferketten, je länger je mehr aber auch wegen der sich anbahnenden Rezession.


Der Nutzfahrzeugbranche stehen schwierige Zeiten bevor: Während gewisse Logistiker und Transportunternehmen in den letzten Wochen mit einer stark schwankenden Auftragslage zu kämpfen hatten, spüren Nutzfahrzeughändler die ersten Vorboten der «Corona-Rezession». Die Verkaufszahlen sind im März eingebrochen. «Vor allem KMU verzichten in dieser unwägbaren Zeit verständlicherweise auf den Kauf neuer Lieferwagen oder anderer Transportvehikel», hält auto-schweiz, die Vereinigung der Schweizer Automobil-Importeure mit der Publikation ihren neusten Statistiken fest (vgl. https://tch.online/de/news/default/corona-krise-trifft-markt-mit-verzoegerung).
Produktionsstätten im März stillgelegt
Bereits Mitte März kündigten die meisten Nutzfahrzeughersteller an, verschiedene europäische Produktionsstätten stillzulegen:
Scania hat die Produktion in den meisten seiner europäischen Produktionsstätten seit dem 25. März 2020 eingestellt. Dies (vorerst) aufgrund von Komponentenknappheit und den grossen Störungen in der Lieferanten- und Logistikkette, die durch die Verbreitung von COVID-19 in Europa entstanden sind. «Alle bis zu diesem Datum produzierten Fahrzeuge werden uns noch angeliefert», hielt jedoch Tobias Schönenberger, Leiter Marketing und Kommunikation der Scania Schweiz AG, gegenüber «sTr online» fest.
Auch MAN Truck & Bus hat sich wegen den zunehmenden Risiken durch die beschleunigte Corona-Entwicklung und des Abrisses der Lieferkette schon früh gezwungen gesehen, seine Produktion am Standort München zu stoppen.
Produktion des neuen S-Way gestoppt
CNH Industrial N.V. – das Mutterhaus der Nutzfahrzeughersteller Iveco – hat derweil am 20. März 2020 aufgrund der durch den COVID-19-Notfall in Europa verursachten Einschränkungen der Lieferkette den Grossteil seiner europäischen Werke «für einen Zeitraum von zwei Wochen» (so die damalige Mitteilung) geschlossen. Diese Massnahme gilt für die Produktionsanlagen des ganzen Konzerns, also für Landwirtschaft, Bau, Nutz- und Spezialfahrzeuge. Davon betroffen ist damit auch die Produktion des neuen Flaggschiffes von Iveco, des S-Way.
Auf Nachfrage von eurotransport.de hat zudem auch DAF Trucks den Stopp der Produktion in Eindhoven (Niederlande) und in Westerlo (Belgien) sowie Leyland (England) bestätigt. Es mangle an Teilen für die Produktion. Das Unternehmen habe in den Niederlanden Kurzarbeit beantragt.
Nach den «Lieferketten» kommt die «Corona-Rezession»
Nachdem die Schliessung der Produktionsstandorte im März vorerst mit den Engpässen bei den Lieferketten begründet worden waren, gibt es mittlerweile erste Berichte, wonach die durch die Coronavirus-Pandemie bedingten Produktionspausen bei einigen Herstellern länger als zunächst angekündigt dauern werden. In den deutschen Werken von Volkswagen Nutzfahrzeuge und der Volkswagen-Konzern Komponente ist beispielsweise die Fertigung für weitere fünf Werktage bis zum 19. April ausgesetzt worden.
Auch seitens des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) kommen ähnliche Signale: «Mit einem Hochlauf vor Ende der Osterferien ist nicht zu rechnen», sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Damit würde die Produktion nicht bis Ende März oder Anfang April ruhen, sondern mindestens bis Mitte April. Und auch bei Daimler sind die Massnahmen in der Zwischenzeit ausgeweitet worden. Ab dem 6. April werden in Deutschland die Mitarbeiter des «Grossteils der Produktion und aus ausgewählten Verwaltungsbereichen» in Kurzarbeit geschickt. Von der Kurzarbeit, die bis zum 17. April vereinbart wurde, sind sowohl Personenwagen, Transporter- und Nutzfahrzeug-Werke des Unternehmens in Deutschland betroffen. «Notwendige Grundfunktionen sowie Zukunftsthemen und strategische Projekte sind von der Kurzarbeit ausgenommen, um nach der Krise wieder voll durchstarten zu können», schreibt Daimler in der Mitteilung.
Fazit: Es scheint fast, als liesse sich das Zitat des Schweizer Gesundheitsministers, Bundesrat Alain Berset, im Zusammenhang mit den Massnahmen gegen die COVID-19-Pandemie uneingeschränkt auf einen Ausblick in der Nutzfahrzeugbranche übertragen: «Das ist nicht ein 100-Meter-Lauf, sondern ein Marathon.»
Hinweis: Dieser Artikel basiert auf Informationen von https://str-online.ch/auswirkungen-des-lastwagen-produktionsstopps-auf-die-schweiz/, https://www.iveco.com/switzerland-de/presse/veroeffentlichungen/Pages/CNH-Industrial-k%C3%BCndigt-als-Reaktion-auf-die-COVID-19-Pandemie-eine-zweiw%C3%B6chige-Schlie%C3%9Fung-seiner-Werke-in-Europa-an.aspx, sowie https://www.electrive.net/2020/03/16/coronavirus-erste-autobauer-schliessen-europaeische-werke/